Neuere Theorien

Die Kritik am Keynesianismus brachte weitere Ansätze in die Diskussion und teilweise auch in die politische Praxis. Sie alle bearbeiten das Thema der staatlichen Lenkung der Wirtschaft mit einem der beiden Schwerpunkte – Nachfragesteuerung oder Geldpolitik. Die jeweils neuen Richtungen verfeinern die Erklärungsansätze zu immer komplizierteren Werken. Oft fehlt diesen Elaboraten die Möglichkeit, ihren Erklärungs- und Prognosewert verständlich zu machen oder nachzuweisen.


Alle prominenten Vertreter und ihre „Theorien“ haben etwas gemeinsam:

Sie erkennen die Rolle des Staates und der Politik als Lenker der Wirtschaft in unterschiedlichem Umfang an. Und sie akzeptieren die wesentlichen Wirkungszusammenhänge der Makroökonomie als Basis ihrer Erklärungsmodelle. Das ermöglicht eine synoptische Sicht. Wir werden in der Vorlesung die gemeinsamen Wurzeln und die Unterschiede der Ansätze kurz heraus arbeiten.

Dieser Überblick reicht aus, da ohnehin keiner der Ansätze sich überzeugend durchgesetzt hat. Aktuell gibt es keine Empfehlungen für die Politik mit erfolgversprechenden Lösungen für die anstehenden Aufgaben.


Monetarismus

In Abgrenzung zu Keynes hat sich eine Strömung formiert, die Monetarismus genannt wird. Sie schreibt dem Geld und der Geldmengensteuerung wesentliche Handlungsrelevanz zu:

Keynes ist nach dieser Auffassung mit seiner antizyklischen Wirtschaftspolitik sogar kontraproduktiv. Er verstärkt sowohl die Auf- als auch die Abschwünge. Fallweise Eingriffe tragen Unruhen in die Wirtschaft. Die Erwartungshaltung und das antizipatorische Potenzial der Wirtschaftsteilnehmer wird nicht angemessen berücksichtigt. Der Staat könne die Wirkungen und den zeitlichen Eintritt seiner Nachfrageimpulse nicht abschätzen.

Die Monetaristen setzen auf eine Beeinflussung der Geldmenge. Sie steuert das nominale und reale Sozialprodukt. Dem gemäß ist das wesentliche Charakteristikum des Geldes auch die Wertaufbewahrungsfunktion. Das Wirtschaftssubjekt maximiert sein Portfolio, das nicht nur verschiedene Sachwerte umfasst, sondern auch das Humankapital. In der Portfoliotheorie optimiert das Wirtschaftssubjekt sein Portfolio bei sich ändernden Randbedingungen so lange, bis Risiken und Erträge seiner Präferenz entsprechen.

Der Ertrag fließt in das langfristig zu erwartende Vermögen ein. Dieses wiederum determiniert maßgeblich den Konsum. Die Idee der Monetaristen ist eine langfristig ausgerichtete, stetige Politik des Staates. Stetigkeit und Berechenbarkeit in der Geldpolitik ist das Credo der Monetaristen. Das erinnert entfernt an Schröders Politik der „ruhigen Hand“ – wenn da nicht eine andere Forderung der Monetaristen wäre:

- keine Fiskalpolitik wegen des „crowding out“ Effektes.

Der Monetarismus wird gern auch als angebotsorientierte Wirtschaftspolitik beschrieben. Das ist nur insofern richtig, als die Marktkräfte weniger beeinflusst werden, als bei der keynesianischen Fiskalpolitik. Der Unternehmer hat eine größere Autonomie und entscheidet über die Verwendung seiner Mittel. Wenn es in diesem Zuge zu einer Ausweitung der Investitionen kommt, so kann das ein Ergebnis des Monetarismus sein. Wenn es aber zu einer Einschränkung des Konsums kommt, so ist das auch mit der Theorie zu vereinbaren.

In dem Fall nämlich ist die „natürliche Rate der Arbeitslosigkeit“ gestiegen und das Volkseinkommen als Folge davon gefallen. Die Monetaristen lassen Arbeitslosigkeit zu. In unserem speziellen Fall der sozialen Marktwirtschaft führt das allerdings zu einer erheblichen Steigerung der Sozialausgaben und damit indirekt wieder zu dem „crowding out“.

Neue klassische Makroökonomie

Sie versucht die Nachteile der Monetaristen und Keynesianer zu überwinden, die die Aktionen der Wirtschaftssubjekte in Abhängigkeit von den Informationen der vorherigen Periode definiert. Demnach reagieren die Teilnehmer erst mit einer zeitlichen Verzögerung (meist ein Jahr). Das mag unter Umständen für die Politik richtig sein, denn sie braucht Informationsbeschaffungs- und -auswertungszeiträume.

Die auf den Märkten frei handelnden Teilnehmer bilden ihre Erwartungen aber eher nach rationalen Prinzipien. Sie machen Prognosen und antizipieren die Aktionen der anderen Mitspieler. Diese Modellannahmen führen zu folgenden Verhaltensannahmen und Ergebnissen:

Die Teilnehmer lernen schnell und passen ihre Strategien auch bei unerwarteten Änderungen der Rahmenbedingungen schnell an. Dies führt in der Regel zu einer Markträumung, da die Mechanismen sehr schnell wirken.

Systematische Informationssammlung der Teilnehmer verbessert die Prognosequalität.

Die Wirtschaftssubjekte antizipieren die Handlungen und Wirkungen staatlicher Maßnahmen und lassen sie demzufolge unwirksam werden.

Staatliche Maßnahmen zeigen nur dann Wirkung, wenn sie überraschend einsetzen und eben nicht von den Wirtschaftssubjekten antizipiert werden.

Ansonsten sind die Handlungsempfehlungen ebenso zurückhaltend, wie die der Monetaristen: Geld- und Fiskalpolitik sollen keine unerwarteten Änderungen bringen. Das Wirken des Staates soll stetig und berechenbar sein. Eine Lenkung der realen Produktion ist ohnehin nicht möglich. Der Staat setzt keine Stabilisierungsinstrumente ein.

Neokeynesianismus

Die neuen Bearbeiter der Grundideen von Keynes erkennen die rationalen Erwartungen und Entscheidungsabläufe an. Sie bezweifeln allerdings, dass die Wirtschaftssubjekte so schell lernen und dass die Informationsbeschaffung schnell und kostenlos möglich ist. Die Kosten der Informationsbeschaffung sind hoch und die dazu benötigte Zeit verlangsamt die Reaktionsgeschwindigkeit. Die Information liegt nicht vollständig vor, Anpassungen bilden sich im Nachhinein.

Die Wirtschaftssubjekte agieren unter unvollkommenen Informationen und zu „falschen“ Preisen. Eine Anpassung der Märkte findet erst später statt, wenn die Märkte auf die Nachfrage oder das Angebot reagiert haben. Auch diese Bearbeiter kennen eine Unterbeschäftigung wie seinerzeit Keynes. Die Unternehmen können zu den geplanten Preisen nicht alles absetzen und die Haushalte bringen ihr Arbeitsangebot nicht am Markt unter.

Auch die Neokeynesianer setzen auf eine Nachfragesteuerung des Staates. Sie unterstellen eine natürliche Rate der Arbeitslosigkeit. Um diese zu unterschreiten, bewirken die politischen Maßnahmen eine höhere Inflation.

Fazit:

Das Gemeinsame aller Theorien ist, dass sie einerseits eine theoretische Grundlage für sich in Anspruch nehmen, aber von einer wissenschaftlichen Theorie meilenweit entfernt sind. Sie werden in der Praxis fast immer falsifiziert. Ihnen fehlt schon in den meisten Fällen der Erklärungswert. Mit den Ansätzen lässt sich also noch nicht einmal die Vergangenheit befriedigend nachvollziehen. Eine Relevanz für Aussagen über die Zukunft und Handlungsempfehlungen bleibt ihnen versagt.

Zur Zeit ist keine neue oder alte „Theorie“ bekannt, die erfolgversprechende Vorschläge zur Überwindung der aktuellen Probleme macht.

Zusammenfassungen der Studenten

 

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